
Mit unserer Gastfotografin Charyn McDonell unterwegs im Grand Canyon.
Der Grand Canyon in Arizona ist eine natürliche Felsformation, deren rote Gesteinsschichten einen Abriss zur geologischen Geschichte der letzten Jahrmillionen geben, und er zählt zu den grossen Naturwundern der Erde.

Die riesige, 277 Meilen (446 km) lange Schlucht ist durchschnittlich 10 Meilen (16 km) breit und 1 Meile (1,6 km) tief. Ein Grossteil der Region ist als Nationalpark geschützt.
Gegründet wurde der Nationalpark am 26. Februar 1919

Der Grand Canyon erstreckt sich von Nordosten nach Westen im Norden Arizonas. Er trennt den Nordwesten des Bundesstaates, den sogenannten Arizona Strip, vom Rest Arizonas. Über den eigentlichen Grand Canyon gibt es keine Brücken, Süd- und Nordufer des Colorados sind auf Strassen nur östlich des Nationalparks bei Lees Ferrys und Page oder rund 400 km weiter im Westen über Nevada am Hoover Dam verbunden.

Der Rim Rock Drive folgt dem Canyonrand und von vielen Aussichtspunkten kann man in die Abbruchkanten und auf die Sandsteinformationen sehen, die von frühen Besuchern beschreibende Namen erhalten haben wie Balanced Rock, Window Rock, Sentinel Spire, Saddlehorn, Pipe Organ, Independence Monument, Kissing Couple, Cleopatras Couch, Coke Ovens, Squaw Fingers, Fallen Rock und Devils Kitchen.

Der 23 Meilen lange Rim Rock Drive führt vom Westeingang, der etwa 4 km von Fruita entfernt auf 1430 Metern Höhe liegt, in vielen Windungen und durch Tunnel steil zum Hochplateau hinauf. Dort hat man einen Blick über das breite Tal des Colorado bis zu den Bookcliffs auf der anderen Seite, die sich als rosa und grau gestreifte Wand erstrecken, so weit das Auge reicht.

Das Gebiet um das Tal wird in drei Regionen aufgeteilt: den Südrand (South Rim), der die meisten Besucher anzieht, den im Durchschnitt ca. 300 m höher gelegenen und kühleren Nordrand (North Rim) und die Innere Schlucht (Inner Canyon). Der Südrand des Grand Canyons liegt im Durchschnitt auf 2100 m ü. M., während der Colorado im Durchschnitt auf 750 m ü. M. fliesst.

Bereits vor über 3000 Jahren lebten Menschen im Bereich des Grand Canyon. Die Desert Culture genannten Indianer waren Jäger und Sammler, die Körbe und Sandalen herstellen konnten und mit Speerspitzen aus Stein auf die Jagd gingen.

Vor etwa 2000 Jahren besiedelten die als Anazasi bekannten Völker das Gebiet. Sie wohnten in Lehmhütten und bauten ihre Behausungen in die Wände der Schlucht. Sie lebten von der Landwirtschaft und hinterliessen viele Felszeichnungen. Im 12. Jahrhundert setzte eine etwa 3 Jahrhunderte andauernde Dürreperiode ein und die Anazasis verliessen ihre Heimat.
Die ebenfalls zur Pueblo-Kultur gehörenden Hopi sind ihre Nachfahren und lebten wie andere Indianerstämme in jüngerer Vergangenheit in der Gegend. Noch heute wohnen einige Havasupai-Indianer im Canyon.

Der Grand Canyon wurde durch García López de Cárdenas aus Spanien erstmals von einem Europäer gesichtet, der im Auftrag des Eroberers Francisco Vasquez de Coronado auf der Suche nach den sagenumwobenen Sieben Städten von Cibola war. Er kam im September 1540 mit einer Gruppe spanischer Soldaten und mit Führern der Hopi-Indianer am Südrand der Schlucht an. Drei Soldaten stiegen in die Schlucht, kehrten aber nach etwa einem Drittel des Weges aus Wassermangel um. Der Grand Canyon wurde als wertlos eingestuft und über 200 Jahre von keinem Europäer mehr besucht.

In den 1850er Jahren schickte der Mormone Brigham Young die ersten Siedler in das Gebiet, mit dem Ziel, eine einfache Möglichkeit zur Flussüberquerung zu finden. Nachdem die Siedler gute Beziehungen zu den einheimischen Indianern geknüpft hatten, wurden zwei Orte zur Überquerung des Flusses entdeckt, Lee’s Ferry und Pierce Ferry.

Berühmt wurde die wissenschaftliche Expedition des einarmigen John Wesley Powell, der am 24. Mai 1869 mit neun Mann und vier Holzbooten in Green River, Wyoming aufbrach. Nach 1500 km und durch zahlreiche gefährliche Stromschnellen im Green River und im Colorado River kam die Expedition schliesslich am 30. August zum Virgin River, dem Endpunkt des Grand Canyon. Zwei Jahre später wiederholte Powell die Fahrt und fertigte genaue Karten und Berichte an. Er gab dem Canyon auch seinen heutigen Namen.

Ab den 1880er Jahren wurde der Grand Canyon als touristisches Ziel entdeckt und entwickelt. 1901 erhielt er eine direkte Anbindung durch die Eisenbahn.
Am 11. Januar 1908 wurde das Gebiet um den Grand Canyon durch US-Präsident Theodore Roosevelt, der sich oft in dem Gebiet aufgehalten hatte, zum National Monument erklärt, bevor es am 26. Februar 1919 als Nationalpark unter Schutz gestellt wurde. Die Einrichtung des Parks gilt als früher Erfolg der Naturschutzbewegung. Der ganze Park ist seit seiner letzten Erweiterung 1975 etwa 4900 km² gross.
1979 wurde der Grand Canyon in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen.

Die meisten Geologen stimmen überein, dass sich das Einzugsgebiet des heutigen Colorado River (zu dem der Grand Canyon gehört) vor 40 Millionen Jahren gebildet hat. Der Grand Canyon selbst ist höchstwahrscheinlich nicht viel älter als fünf bis sechs Millionen Jahre, wobei der Hauptteil der Tiefenerosion in den letzten zwei Millionen Jahren erfolgte. Ergebnis dieser Erosion ist der Einblick in eine der vollständigsten Schichtenabfolgen unseres Planeten.

Die Abfolge reicht vom metamorphen Grundgebirge (die älteste Datierung liegt zurzeit bei 1,840 Milliarden Jahren Before Present für den Elves Chasm Granite) im tiefsten Bereich der Inner Gorge bis zum 230 Millionen Jahre alten Kaibab Limestone am Canyonrand. Das polymetamorphe Grundgebirge wird diskordant von nicht metamorphen proterozoischen Sedimenten überlagert. Diese wurden später schräggestellt und dann im Kambrium vor ca. 0,5 Milliarden Jahren ihrerseits von einer paläozoischen Schichtenfolge diskordant transgrediert. Daher gibt es keine kontinuierliche Schichtenabfolge, sondern zwei bedeutende (und mehrere kleinere) Schichtlücken.

Die grosse Tiefe des Grand Canyon (rund 1600 Meter) und die Gesamtmächtigkeit seiner Schichtenabfolge (die meisten Schichten wurden unter Meeresniveau abgelagert) lassen auf eine Heraushebung des Coloradp-Plateaus um 1500 bis 3000 Meter schliessen. Dieser Hebungsprozess erfolgte im Zuge der laramischen Gebirgsbildung, die vor etwa 65 bis 70 Millionen Jahren einsetzte und die Rocky Mountains entstehen liess.

Im Grand Canyon herrschen von November bis März regelmäßig Minusgrade; von Mai bis September steigt die Temperatur tagsüber regelmässig über 20 °C; Der Juli ist mit durchschnittlich 29 °C (Tageshöchsttemperatur) der wärmste Monat, während der Januar mit einer Durchschnittstemperatur von −8 °C (Tagestiefsttemperatur) der kälteste Monat ist. Dabei ist zu beachten, dass es insbesondere im Sommer in der Schlucht wesentlich heisser als an den Rändern ist. Am Nordrand regnet es im Durchschnitt gesehen erheblich mehr als am Südrand. Am Nordrand fallen jährlich durchschnittlich auch bis zu 5 m Schnee, am Südrand fällt ca. 1,5 m Schnee. Auf der Höhe des Colorado fällt dagegen selten Schnee (weniger als 2 cm im Jahresdurchschnitt). Die Jahresniederschlagssumme am Nordrand beträgt ca. 700 mm/Jahr, am Südrand aber nur 380 mm pro Jahr. Auf der Höhe des Colorados in der Schlucht fallen etwa 180 mm Regen pro Jahr.

Die Indianerstämme im Gebiet des Grand Canyon:
Walapai: Die Walapai oder Hualapai sind ein Yuman sprechender Stamm aus der Hokan-Sprachfamilie und ihr traditionelles Stammesgebiet erstreckte sich vom Bill Williams River im Süden bis zum Grand Canyon im Norden und reicht im Westen bis zum Colorado.
Havasupai: Auch die Havasupai sprechen Yuman wie ihre westlichen Nachbarn, die Walapai, von denen sie sich im 12. Jahrhundert getrennt hatten. Um Schutz vor möglichen Angreifern zu suchen, zogen sie auf den Boden des Grand Canyon. Noch heute sind sie der isolierteste Indianerstamm in den Vereinigten Staaten. Ihr Reservat im Havasu-Canyon kann man nur zu Fuss oder auf dem Pferderücken über zwei lange Trails erreichen, die vom Rand des Canyons hinunterführen.
Hopi: Die Hopi sind die westlichste Gruppe der Pueblo-Indianer und leben heute im nordöstlichen Arizona in einem 12.635 km² grossen Reservat, das eine Enklave im wesentlich grösseren Reservat der Navajo darstellt. Sie wohnen in Dörfern, die auf aus dem Colorado-Plateau emporragenden Mesas liegen, und sprechen einen Shoshone-Dialekt aus der uto-aztekischen Sprachfamilie. Die Hopi betrieben früher Ackerbau und züchteten Schafe.
Navajo: Die Navajo, in ihrer eigenen Sprache auch Diné, sind mit über 340.000 Angehörigen der grösste aller indianischen Völker in den Vereinigten Staaten und leben grösstenteils im mit 69.650 km² grössten Reservat im Norden Arizonas und New Mexicos. Die Navajo sprechen wie die Apachen eine Athabasken-Sprache.
Kaibab: Die Kaibab sind ein Zweig der Southern Paiute, der zur uto-aztekischen Sprachfamilie gehört und am North Rim des Grand Canyon im nordwestlichen Arizona sowie im südlichen Utah und südöstlichen Nevada leben. Die Lebensgrundlage der Kaibab bildet das Sammeln von Nahrung. In dem 487 km² grossen Reservat leben um die 200 Stammesangehörige.
Fotos by Charyn McDonell